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Gegenstromlage

Bei einer klassischen Gegenstromlage strömt in den unteren Schichten aus Norden Kaltluft zu den Alpen. In der Höhe herrschen gleichzeitig südliche Winde, welche feuchtmilde Luft zum Alpenraum bringen. Die wärmere Luft aus dem Mittelmeerraum gleitet nun auf die im Norden liegende schwere Kaltluft auf und wird angehoben - es entstehen grossflächige Niederschlagszonen. Die grossen Druckgegensätze sorgen zudem in der Westschweiz, über den Alpen und im Süden für viel Wind. Die Bise weht am Genfersee am stärksten (wegen der Kanalisierung zwischen Jura und den Alpen). Oft werden Böenspitzen von mehr als 90 km/h registriert. Auf der Jurakrete und in den Hochalpen erreichen die Böen stellenweise über 100 km/h. Im Tessin und den Bündner Südtälern weht der Nordföhn mit Spitzen von 60 bis knapp 90 km/h. Trotz Nordwind bleibt es hier aber ganztags trüb. Die unteren Luftschichten werden zwar abgetrocknet, oberhalb von etwa 2500 Meter sorgt das Genuatief oftmals aber ganztags für Feuchtenachschub aus Südosten - so dass es zeitweise sogar regnet oder schneit. Ein ähnlicher Effekt kommt manchmal auch bei Südföhn vor und wird Dimmerföhn genannt.

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Starkniederschlagsereignisse im Alpenraum sind oft auf sogenannte Gegenstromlagen zurückzuführen. Diese Wetterlage wird meist mit einem Kaltluftvorstoss aus dem nordatlantisch-nordeuropäischen Raum in Richtung Süden ausgelöst. Ist diese Kaltluft nicht sehr mächtig, so kann sie nicht über die Alpen hinweg weiter südwärts vordringen, sondern sucht sich einen Weg durch das französische Rhonetal ins westliche Mittelmeer. Dort stösst sie auf milde Meeresluft, was über dem Golf von Genua, zusätzlich durch die Form der Apen begünstigt, zu einer ausgesprochen raschen Entwicklung eines intensiven Tiefdruckwirbels führt. Dieses Tief wird als Genuatief bezeichnet. Es steuert auf seiner Vorderseite sehr feuchte Luftmassen vom Mittelmeer her zur Alpensüdseite. Sie stauen sich südlich der Alpen und lösen verbreitet ergiebige und meist langanhaltende Niederschläge aus. 

Bei einer Gegenstromlage beschränkt sich das trübe und regnerische Wetter jedoch nicht nur auf die Gebiete südlich der Alpen. Da in der Höhe die milde Mittelmeerluft über den Alpenhauptkamm weiter nach Norden vorstösst, kommt es über der Alpennordseite ebenfalls zu zusätzlichen Hebungseffekten. Die vom Süden kommenden Luftmassen müssen über die im Norden liegende Kaltluft aufgleiten und damit kommt es auch über der Alpennordseite im Mischungsbereich der beiden gegensätzlichen Luftmassen zu kräftigen und oft länger anhaltenden Niederschlägen, wobei im schweizerischen Mittelland oft die "Bise noire" bläst. Das schlechte Wetter hat damit in den Alpen seinen Höhepunkt erreicht.

Normalerweise wandert ein Genuatief unter langsamer Auffüllung über die nördliche Adria, die Ostalpen und das östliche Mitteleuropa hinweg nach Norden. Da die Alpen bei dieser Zugbahn auf die Westflanke des abziehenden Tiefs gelangen, stellt sich nördlich der Alpen Stau ein, während südlich der Alpen, wenn in der Höhe der Wind auf Nordwest gedreht hat, rasch Aufheiterungen erwartet werden können. Erst mit der weiteren Entfernung des Tiefs lässt der Zustrom von feuchter Luft gegen den Alpennordhang sukzessive nach und es kommt zuerst in den westlichen Landesteilen, später auch im Osten zu einer Wetterbesserung.  

Normalerweise bedeutet Bise schönes Wetter, zumindest in den Bergen. Über dem Flachland und den Voralpen entlang hat es im Winter oft Hochnebel. Je stärker die Bise, umso höher ist die Obergrenze der Hochnebelsuppe. Im Sommer bringt die Bise auch dem Flachland Schönwetter, nicht umsonst lautet eine Bauernregel: "Ostwind bringt Heuwetter, Westwind bringt Krautwetter, Südwind bringt Hagelwetter und Nordwind bringt Hundewetter."

Soweit also der Normalfall, dieser ist in den zwei untenstehenden Wetterkarten auf der linken Seite dargestellt. Der klassische Fall also mit einem Hoch über England und der Bisenströmung über der Schweiz. Auch in der Höhe herrscht Hochdruckeinfluss (nachstehende Abbildung auf der linken Seite; untere Karte), der Wind weht normalerweise aus dem Sektor Nordwest bis Nordost. Sowohl am Boden als auch in der Höhe weht der Wind wegen dem Hochdruckeinfluss im Uhrzeigersinn (nachstehende Abbildung auf der linken Seite; obere und untere Karte, brauner Pfeil).

Bei einer "Bise noir" weht eine starke Bise. Insbesondere am Genfersee kann sie mit Böenspitzen bis zu 85 km/h recht stark ausfallen. Allerdings ist es oft auch ausgesprochen trüb mit Nieselregen, dazwischen auch mal stärkerem Regen. Die Wolkenbasis sinkt zeitweise bis auf 600 Meter herab. Gleichzeitig gibt es auf der Alpensüdseite Starkniederschläge - also nichts mit dem oben beschriebenen Hochdruckeinfluss. Somit tritt dann und wann auch eine zweite Art von Bise auf - die sogenannte Bise noire oder eben die schwarze Bise (vgl. nachstehende Abbildung auf der rechten Seite).

Die Unterschiede sind auf den ersten Blick erkennbar: Markant ist vor allem das Tief über dem westlichen Mittelmeer. Auf der Bodendruckkarte (nachstehende Abbildung auf der rechten Seite; obere Karte) kommt die Strömung zwar immer noch aus Nordosten, über den Alpen weht sie aber gegen den Uhrzeigersinn - eine sogenannte tiefdruckbestimmte oder zyklonale Krümmung (nachstehende Abbildung auf der rechten Seite; untere Karte, blauer Pfeil). Auch in der Höhe ist das Tief sehr ausgeprägt (nachstehende Abbildung auf der rechten Seite, untere Karte), der Wind über den Alpen weht jedoch aus Südost. Diese Südostströmung führt feuchte, instabil geschichtete und relativ warme Mittelmeerluft an den Alpensüdhang. Dort wird sie gestaut und angehoben - es bilden sich intensive Niederschläge. Diese greifen oftmals auch auf weiter nördlich gelegene Regionen über.

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