top of page

Schneefallgrenze

In der Meteorologie wird mit der Schneefallgrenze eine oft mehrere hundert Meter dicke Schmelzschicht bezeichnet, die räumlich unterhalb der Nullgradgrenze anzufinden ist. In dieser Schicht beginnen die Schneekristalle unterschiedlich schnell zu schmelzen und es kommt zur Bildung von Schneeregen oder Regen. Die Mächtigkeit dieser Schmelzschicht hängt jedoch von der Feuchtigkeit der Luftschicht unterhalb der Nullgradgrenze ab. Die Schneefallgrenze entspricht folglich nicht der Nullgradgrenze.

Um die Schneefallgrenze zu bestimmen, genauer gesagt die Schmelzschicht, in der  der Schnee vollends in die flüssige Phase übergeht, muss zunächst die Nullgradgrenze berechnet werden. Hierzu eignet sich die Betrachtung einer speziellen Höhenwetter-karte, die die  Temperaturverteilung in 850 hPa (Hektopascal) darstellt. Darin ist die Temperaturverteilung in einem Druckniveau von 850 hPa  dargestellt. Zu sehen sind Linien gleicher Temperatur, die als Isothermen bezeichnet werden. Im Mittel befindet sich dieses Niveau auf einer durchschnittlichen Höhe von etwa 1460 Metern. In der Realität variiert die Höhe der 850 hPa-Fläche in Hoch- und Tiefdruckgebieten nach oben bzw. nach unten.

 

Die Isothermen sind als weisse Grenzlinien der Farbflächen in einem Abstand von 2 Grad Kelvin zu sehen, wobei die Zahlen die jeweilige Temperatur in "Grad Celcius" (°C) angeben. Die einzelnen Höhen, in der sich das 850 hPa - Niveau befindet, werden durch schwarze Linien gekennzeichnet. In der Meteorologie sind dies Linien gleichen Geopotentials und werden als Isohypsen bezeichnet. Die Höhe dieser Isohypsen wird in der Einheit [gpdam] (geopotentielle Dekameter) angegeben, wobei dieser Wert mit zehn multipliziert ungefähr die Höhe in Metern über dem Meeresspiegel ergibt.

 

Mit Hilfe dieser Wetterkarte kann zum einen die Temperatur und zum anderen die Höhe, in der die Temperatur vorliegt, für eine spezielle Region bestimmt werden. Um die Nullgradgrenze zu berechnen, benötigt man eine weitere Grösse und zwar die Temperaturabnahme mit der Höhe. Da diese einerseits in Abhängigkeit von der Luftfeuchte stark variieren und ohne weitere Hilfsmittel nicht genau festgelegt werden kann, wird bei Schneefall als Annäherung ein konstanter Wert von 0,65°C pro 100 Meter angenommen (feuchtadiabatischer Temperaturgradient). Dieser Wert erzielt bei einer stabil geschichteten Atmosphäre ein gutes Ergebnis.  Im Falle einer Inversion, also einer Temperaturzunahme mit der Höhe, führt diese Näherung jedoch zu einem unbrauchbaren Ergebnis.

Schneefallgrenze.png

Damit kennt man jetzt alle Parameter zur Bestimmung der Nullgradgrenze. Um nun die Vorgehensweise zu verdeutlichen, folgt nun ein kleines Rechenbeispiel:

 

Wir gehen davon aus, dass die Isotherme rund -4°C beträgt und die Isohypse bei rund 144 gpdam liegt. Multipliziert man diesen Wert mit zehn so erhält man eine Höhe von 1440 Meter über dem Meeresspiegel. Segelt man mit einer Schneeflocke in Richtung Erdboden, erwärmt sich die Umgebungsluft um 0.65°C pro 100 Höhenmeter. Dies bedeutet also, dass nach etwa einer Fallstrecke von 615 Meter (100*4/0,65) die Lufttemperatur bis auf 0°C angestiegen ist. Somit liegt die Nullgradgrenze etwa bei 825 (1440-615) Meter über dem Meeresspiegel.  

 

Jetzt stellt sich die Frage, wann die Schneeflocke auf ihrem Weg in Richtung Erdboden komplett geschmolzen ist. Hierzu ist unter anderem die Kenntnis über die Luftfeuchtigkeit in den Luftschichten unterhalb der Nullgradgrenze von grosser Bedeutung. Bei einer nahezu gesättigten Luft, d. h. die relative Luftfeuchtigkeit beträgt 100%, beginnt der Schmelzprozess direkt mit Erreichen der Nullgradgrenze. Ist die relative Luftfeuchte kleiner als 100%, wird der Schneeflocke durch Sublimation (direkter Übergang von der festen Phase in die Dampfphase) Wärmeenergie entzogen, was zu einer Verzögerung des Schmelzprozesses führt. Fällt also der Schnee in eine relativ trockene Luftschicht bei Temperaturen über 0°C, so kann es auch mehrere hundert Meter unterhalb der Nullgradgrenze sowie bei deutlichen Plusgraden von bis zu 7° C schneien.

Um nun eine exakte Vorhersage über die Dicke der Schmelzschicht erstellen zu können, müsste zu jeder Zeit und für jeden Ort aktuelle  Messungen über die vertikale Temperatur- und Feuchteverteilung der Atmosphäre vorliegen. Dies ist jedoch in keiner Weise realisierbar,  jedoch für einen kurzfristigen Zeitraum näherungsweise durch Modellvorhersagen möglich. Hat man diese Modellberechnungen nicht zur Hand, kann als Richtwert eine etwa 200 bis 300 Meter dicke Schmelzschicht unterhalb der Nullgradgrenze angenommen werden.

In unserem Beispiel würde also oberhalb einer Höhe von ungefähr 520 Meter über dem Meeresspiegel der Niederschlag in Form von Schnee fallen. Somit würde nach diesen Berechnungen der Niederschlag bspw. auf einer Höhe von rund 600 Metern über dem Meeresspiegel als Schnee fallen. Berücksichtigen wir jedoch durch die gemachten Annahmen einen Fehler von etwa +/-100 Metern, so ist es durchaus möglich, dass auch Schneeregen oder Regen fallen kann.

© 2020  Meteo Ruswil - Wetternachhersage

bottom of page